Die Redaktion greift zur Boßelkugel





Boßeln

"Schlagt die Sportredaktion" wird aufgrund des anstehenden Feldkampfes auf den 13. Februar verlegt

Friesland/Harlingerland - Klar werfe ich mit der Gummikugel. Die ist doch viel griffiger und nicht so anfällig für die Unebenheiten der Straße, denke ich noch so bei mir und wiege abschätzend das rote Sportgerät in der Hand. Auch mein Kollege Robert ist vor unserem ersten und einzigen Training der Meinung: Die Gummikugel wird uns zum Erfolg führen. Zwei Testwürfe später, als die Kugel erneut nach nur wenigen Metern ins Unterholz trudelt, müssen wir ernüchtert feststellen: So verlieren wir auf jeden Fall. Gordon ist da schon einen Schritt weiter. Er hat sich von vornherein auf die Holzkugel eingeschossen; eine schlaue Wahl. Unser Trainer und Bahnweiser Wilfried Müller ist schnell mit aufmunternden Worten zur Stelle. "Probiert erst mal in Ruhe aus, bevor ihr Euch festlegt", meint er. Tipps zur Technik hat er auch gleich parat: "Wenn ihr die Kugel über den Daumen rollen lasst, dann bekommt sie einen Rechtsdrall und läuft super um die Kurve." Aha. Ich bin froh, wenn ich die Kugel überhaupt geradeaus werfen kann. Leider ist die erste Kurve auf unserer "Heimstrecke" schon in Sichtweite. "Was haben wir uns eigentlich dabei gedacht", diese Frage geht mir nicht zum ersten Mal durch den Kopf, gleich gefolgt von der Befürchtung "wir werden uns bis auf die Knochen blamieren." "Gras fressen" hört man häufig in Boßelerkreisen. Na dann, guten Appetit! Aber entgegen meiner Vermutungen geben die ersten Würfe mit Holz Anlass zur Hoffnung. Und nicht nur ich scheine mit der Taktik "weniger Kraft gleich mehr Kontrolle über den Wurf" gut zu fahren. Auch unser Coach ist überrascht über die schnellen Leistungssteigerungen seiner Schützlinge. Zudem reift in uns eine erstaunliche Erkenntnis: Das macht ja auch noch Spaß! Kein Grund, um abzuheben, dies wird nur allzu deutlich, als wir auf der nächsten Geraden mal so richtig Gas geben wollen. 20 Meter Anlauf und richtig viel Kraft lege ich in den Wurf. Nachdem die Kugel gegen den nächstbesten Baum prallt, beschließe ich, bei unserem Erfolgsrezept zu bleiben. Aber dafür sind wir schließlich hier. Wir wollen ein paar nützliche Erfahrungen sammeln. "Kontrollierte Offensive" heißt es beim Fußball. So muss auch unser Motto lauten. Wir fühlen uns auf jeden Fall gut gerüstet. Selbst die Kurven meistern wir halbwegs problemlos und bestaunen, wie die Kugel scheinbar auf Schienen laufend aus dem Blickfeld verschwindet. Wie wir das machen, ist mir ein Rätsel. Vermutlich ist es Anfängerglück. Ob das eine solide Grundlage ist, um gegen 210 Jahre Boßelerfahrung der Reents-Brüder zu bestehen, darf sicherlich bezweifelt werden. Aber Bangemachen gilt nicht, wie Wilfried Müller berechtigterweise einwirft oder wie Gordon nach dem Training treffend formuliert: "Wir werden nicht mit Pauken und Trompeten untergehen, sondern nur mit Pauken".


Quelle: Jeversches Wochenblatt